Eventuell nie wieder - Demo in Bremen

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Eventuell nie wieder Demo & Podiumsdiskussion

Noch 79 Tage – so lange ich noch Zeit, um die Veranstaltungsbranche in Bremen zu Retten. Ansonsten heißt es: Eventuell nie wieder! Das war der Tenor und auch das Motto der heutigen Podiumsdiskussion im Schlachthof Bremen und der anschließenden Demo der Veranstaltungsbranche. Die Veranstalter hatten neben direkt Betroffenen wie Oliver Brock (Pier 2, Tower), Jens Koopmann (Koopmann Concerts) und DJ Toddy auch Bremes Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa Christina Vogt von den Linken geladen. Diese betonte zu Anfang, dass die Situation in der Veranstaltungsbranche gänzlich anders als zum Beispiel in der Hotellerie und in der Reisebürobranche sei. Denn während diese Unternehmen entweder wieder öffnen konnten, oder die Mitarbeiter mit massenhaften Stornierungen beschäftigt seien, dürfe in der Veranstaltungsbranche schlicht nicht gearbeitet werden. Zudem sei das Problem, dass die Länder bereits aufgelegte Hilfsprogramme des Bundes nicht aufstocken dürften. Das bedeute, dass Bremen, wenn sie zum Beispiel die Bundeshilfen für Gastwirte aufstocken wollten, sämtliche Hilfen für die gesamte Branche aus eigenen Mitteln bezahlen müssten. Dieses sei für Bremen jedoch nicht zu finanzieren.

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Markus Rudolph (Moderator), Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa Christina Vogt, Jens Koopmann (Koopmann Concerts), Oliver Trey (Gastorwirtschaft, Schlachthofkneipe), Thorsten Meyer (TMM Eventagentur) v.l.n.r

Diskutiert wurden unter anderem auch die Voraussetzungen, unter denen Veranstaltungen wieder stattfinden könnte. So berichtete Christian Seidenstücker von Joke Events von seiner Testveranstaltung „Back to live“, welche in Offenbach stattfinden solle. Hierbei würden alle Gäste am Vormittag der Veranstaltung getestet. Bei einem negativen Ergebnis könnten diese dann eine Eintrittskarte kaufen. Christian Seidenstücker berichtete auch von den Problemen, die Veranstaltung genehmigt zu bekommen. Zwar hätten verschiedene Behörden wie Gesundheitsamt, Wirtschaftsbehörde, etc. bereits grünes Licht gegeben. Sobald jedoch eine einzige staatliche Stelle Bedenken anmelde, würde es keine Genehmigung geben. Hier wurden ganz klar die Probleme der föderalen Struktur deutlich.

Zudem seien, so Jens Koopmann von Koopmann Concerts, Veranstaltungen mit 300 überhaupt nicht wirtschaftlich sondern eher PR-Aktionen. Bisher mussten bei seiner Firma mehr als 10.000 Tickets rückabgewickelt werden. Ohne die Gutscheinlösung würde auch seine Firma nicht überleben. Er äußerte jedoch, genauso wie Oliver Trey von der Schlachthofkneipe die starke Befürchtung, dass die Probleme einfach nur in die Zukunft verschoben würden. Zwar könnten Strom, Steuern Krankenkassenbeiträge etc. momentan gestundet werden, bezahlt werden müssten sie später aber natürlich trotzdem. Und da 50% der Umsätze in der Gastronomie unmittelbar an Veranstaltungen, Konzerten, Messen usw. hingen, wäre man ohne diese überhaupt nicht lebensfähig.

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Oliver Brock (Pier 2, Tower)

Eine für alle Bremer Club- und Partybegeisterte traurige Nachricht gab es anschließend von Oliver Brock: Der Tower würde in seiner jetzigen Form seine Türen nicht wieder öffnen (wir haben berichtet). Zwar arbeite man momentan an einem alternativen Konzept für den Tower, welches Mitte August präsentiert werden solle, es ändert jedoch nichts daran: Der Tower ist das erste Corna-Opfer in der Bremer Clubszene. Mit dem Pier 2 sähe es glücklicherweise recht gut aus. Hier habe man einen sehr verständnisvollen Vermieter, so Brock.

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DJ Toddy

Wenn bisher viele der Teilnehmer die bisherigen Hilfen lobten, hatte DJ Toddy hier eine ganz andere Sichtweise. Als Soloselbständiger, der über 20 Jahre hauptberuflich als DJ in Bremen und ganz Norddeutschland unterwegs ist, würden bei ihm und allen anderen Soloselbständigen die Hilfen überhaupt nicht ankommen, da die bisherigen Hilfen nur für Betriebskosten gezahlt würden. Diese seinen jedoch bei den meisten Soloselbständigen verschwindend gering. Auch auf Zuschüsse der KfW hätten sie keinen Anspruch. Momentan, so Toddy, lebe er von seinem ersparten. Toddy betonte, dass es ihm und den meisten Soloselbständigen nicht allein um Unterstützung ginge, sondern um die Möglichkeit, endlich wieder Arbeiten zu können und damit zumindest wieder ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Denn das Geld, was er bisher nicht eingenommen habe, sei schlicht und einfach nicht wieder reinzubekommen. Schließlich könne er ja nicht 4 Aufträge pro Abend annehmen, wenn Veranstaltungen wieder möglich sein. Auch er fragte, was denn mit den ganzen Menschen und Firmen passieren werde, wenn Ende September die Hilfen ausliefen. Seiner Meinung nach würden die bisherigen Programme die Insolvenzen lediglich aufschieben. Und die Soloselbständigen und Freelanzer, die sich durch die Coronakriese jetzt einen anderen Job suchen würden, seien für die Veranstaltungsbranche unweigerlich verloren. Auch wenn es nicht ausgesprochen wurde, stand natürlich auch die Frage im Raum: Ob es nicht besser wäre, die Menschen sozusagen unter Aufsicht und nach Angabe der Kontaktdaten feiern zu lassen, als unkontrolliert und spontan wie zum Beispiel auf der Sielwallkreuzung oder in Stuttgart.

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Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa Christina Vogt

In Ihrem Schlussstatement gab Senatorin Vogt, die sich die ganze Zeit über viele Notizen gemacht hatte, einen kurzen Ausblick auf die Zukunft. So sei man dabei, das Kurzarbeitergeld für bestimmte Branchen von 12 auf 24 Monate zu verlängern. Auch würde es, zusätzlich zu den Bundesmitteln, eigene Förderungen vom Land Bremen geben. Da diese jedoch nicht mit den Bundesmitteln kollidieren beziehungsweise man diese aufstocken dürfe, gäbe es zum Beispiel die Möglichkeit, Veranstaltungsreihen zu unterstützen. Diese Hilfen würden dann allen zukommen, die an der Veranstaltung beteiligt sind. Und damit natürlich auch den Soloselbständigen.

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Was zudem bleibt, ist vor allem eines: Ohne den Druck von der Straße und von den Betroffen auf die politischen Entscheidungsträger geht es nicht. Zumal die Veranstaltungsbranche nicht im entferntesten die Lobby in Berlin hat, wie beispielsweise der DFB oder die DFL. Auch wird in Berlin leider häufig übersehen, welche weiteren Umsätze, sei es für Hotels, für die Bahn, für das Gaststättengewerbe unmittelbar an der Veranstaltungsbranche hängen. Oder alleine die Aufträge für die Industrie, die durch Messen zustande kommen.

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Thorsten Meyer (TMM Eventagentur) - Organisator 

Um diesen Druck zu erhöhen und in die Öffentlichkeit zu tragen, gab es im Anschluss an die Podiumsdiskussion heute eine Abschlussdemo. Pünktlich um 18 Uhr ging es vom P5 am Bremer Weserstadion über den Osterdeich zum Rembertikreisel.

Denn eines ist klar: Sollte die Politik nicht schnell weitere Hilfen für die Veranstaltungsbranche beschließen, sehen wir diese Eventuell nie wieder!

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Demo auf dem Osterdeich

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