Interview mit Phillip Boa

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Interview mit Phillip Boa Wir treffen Phillip Boa in der Garderobe vor seinem Konzert im Lagerhaus in Bremen. Es herrscht ein wenig Unruhe. Der Soundcheck schallt durch die Tür, welche ständig auf und zu geht, da das Tourteam ein und aus geht. Laut Phillip befindet er sich hier in der lebhaftesten Garderobe in der er jemals gewesen ist.

Ramona: Besteht noch Kontakt zu den ehemaligen Mitgliedern des Voodoocults?

Boa: Mit Waldemar habe ich guten Kontakt. Wir sehen uns alle 2 Jahre und wenn ich als Dortmunder in meiner Nachbarstadt Bochum zu Besuch bin, treffen wir uns und reden über alte Zeiten. Waldemar und Dave spielten nach dem Voodoocult in der Band „Grip Inc“. Chuck ist leider 2001 verstorben. Er war ein großartiger Gitarrist und ich ...

bedauere sein Ableben sehr! Mit Gabby habe ich alle 2 bis 3 Jahre telefonischen Kontakt. Er hat auf einigen berühmten Platten Gitarre gespielt. Dave habe ich schon 10 Jahre nicht mehr gesehen, denke aber ich könnte es, wenn ich wollte. Freue mich sehr, dass Dave wieder bei Slayer spielt, da ich Slayer schon immer sehr mochte und auch immer noch mag. Slayer und Sepultura sind für mich die größten Metalbands. Bei Mille ist das so, dass wir meistens gegenseitige Grüße ausrichten lassen, gesehen habe ihn aber ebenfalls schon 10 Jahre nicht mehr. An die Zeit mit dem Voodoocult erinnere ich mich sehr gerne zurück, da ich mit sehr netten und natürlichen Menschen zusammen gearbeitet habe. Es waren großartige Kollegen!

Ramona: Wie hast du dich als Bandmitglied bei Voodoocult gefühlt?

Boa: Live fühlte ich mich auf der Bühne wie ein Fremdkörper. Ich hatte das Gefühl als Sänger einer Metalband nicht das transportieren zu können was eine Metalband benötigte. Wie ein Versager kam ich mir vor und stellte daher auch Dave nach vorne. Komplexe plagten mich, da ich nicht wusste wie ich mit dem Publikum kommunizieren sollte. Die Kommunikation mit dem Publikum fällt mir heute immer noch nicht leicht, aber in der letzten Zeit gelingt es mir schon etwas besser.

Ramona: Wäre so ein Projekt wie 1994 mit dem Voodoocult erneut möglich?

Boa: Ja, generell ist alles möglich, nur die Zeit läuft mir davon. Es war eine super Band. Beide Voodooteils waren ihrer Zeit voraus. Viele amerikanische Bands spielten später die Riffs in unserem Stil. Voodoocult war aus meiner Sicht eine geniale Band mit einem nicht genialen Sänger.

Ramona: Was meinst du mit „dir läuft die Zeit davon“?

Boa: Als Künstler kann man nicht ewig weiter machen. Irgendwann ist die Zeit einfach vorbei, als Zuschauer ist das was anderes, aber als Künstler kann man nicht ewig auf der Bühne präsent sein.

Ramona: Wäre eine Unplugged Geschichte für dich interessant?

Boa: (holt tief Luft und denkt kurzzeitig nach) Es gibt einen Song welcher von einem Orchester nachgespielt wurde, aber diese Form von Hochkultur in subventionierten Theaterhäusern ist einfach nicht meine Welt, daher habe ich keine Lust auf so was.

Ramona: Werden wir dich dieses Jahr auf Festivals sehen?

Boa: Auf Festivals habe ich auch keine große Lust mehr. Wenn sollen wir immer gegen 15 – 17 Uhr im Hellen auftreten und irgendwelche Bands die ich sowieso nicht mag dürfen abends im Dunkeln spielen. Das demütigt mich ein wenig. Für unbekannte Bands ist das was anderes, aber mir macht das einfach keinen Spaß. Ich habe auch schon als Headliner bzw. Co-Headliner gespielt, somit gibt es für mich auf Festivals keine Erfüllung mehr.

Ramona: Ihr habt doch eine unheimlich starke Fan Base, oder?

Boa: Ja die ist sehr stark, aber auch nicht sehr zahlreich man kann diese Base nicht mit den der Ärzte oder den Toten Hosen vergleichen.

Ramona: Was sagst du zu der Location am heutigen Abend?

Boa: Bremen gehört schon seit 10 Jahren zu unserem Programm, aber zu den wirklichen Hochburgen zählen Hamburg, Berlin, Dresden, Köln usw.

Ramona: Hab ihr wieder vor in London zu spielen?

Boa: Es ist ein Auftritt für den Herbst geplant, aber in dieser Tour eher nicht mehr.

Ramona: Wie siehst du den momentanen Stand und Erfolg der Band?

Boa: Ich bin mit der Statur der Band sehr zufrieden. Ich will nicht mehr. Erst gestern habe ich einen Auftritt in einer Talkshow abgelehnt. Mir reicht das was momentan passiert, denn um doppelt so viel Erfolg wie jetzt zu haben, müsste ich mich auch zehnfach so viel prostituieren und zum Clown machen und das ist nicht in meinem Sinne.

Ramona: Woran liegt es, dass viele Hörer nur noch diese „Clowns“ wollen?

Boa: Die Leute werden dumm gehalten und es hat auch politische Gründe. Z. B. unser Song „LORD HAVE MERCY WITH THE 1-EYED“ handelt darüber. Solange das Volk ruhig gehalten wird mittels Shows im Fernsehen, wie „Dschungel Camp“ in denen gezeigt wird, dass es anderen dreckiger geht, bekommen die Menschen so was wie Schadenfreude. Somit werden die Leute still gehalten und keiner regt sich so schnell über steigende Energiepreise oder Steuererhöhungen auf. Hauptsache die Leute sehen, dass es anderen schlechter geht als ihnen selbst.

Ramona:  Was sagst du zum neuen Rauchverbot in Clubs?

Boa: Punkt A ich rauche nicht. Punkt B der Rauch hat mich schon immer gestört. Punkt C wir steuern immer mehr auf einen totalen, militären Staat zu, der immer mehr und mehr Verbote aushängt. Und deswegen bin ich GEGEN das Rauchverbot!

Ramona: Lebst du eigentlich noch auf Malta?

Boa: Ja und es ist ein ganz normales Leben für mich dort. Ich lebe dort in Unbekanntheit.

Ramona: Was willst du mit deiner Musik erreichen?

Boa: Ich möchte einfach nur meine Arbeit machen, Lieder schreiben und die Leute somit glücklich machen. Wenn die Leute nach meinem Konzert zufrieden nach Hause gehen, dann habe ich für mich alles erreicht.

Ramona: Können deine Bandmitglieder von der Musik leben?

Boa: Nein das nicht. Aber sie sind alle Individualisten mit kleinen Jobs.

Ramona: Gibt es eigentlich eine Frage die Du schon immer gestellt bekommen wolltest?

Boa:  (Kurz nachdenklich) Ich habe bestimmt schon 20.000 Interview gehört und beantwortet und es ist dadurch schon alles gesagt geworden. Aber manchmal kommen dann doch interessante Fragen wie „Was meintest du mit dem Lied „ERNEST STATUE“? Früher konnte er diese Frage nie beantwortet, aber vor einiger Zeit ist mein Vater verstorben und seitdem kann ich diese Frage beantworten, da das Lied von meinem Vater handelt.

Ramona: Ärgerst du dich eigentlich über schlechte Kritiken?

Boa: Wenn meine CDs nur schlechte Resonanzen wieder geben würden, würde mich das zweifeln lassen und mir nicht die Bestätigung an meiner Musik geben. Die bisherigen Reviews über meine Albem waren gut bis sehr gut. Als Deutscher Künstler kämpft man eigentlich gegen Windmühlen, aber ich bin sehr, sehr zufrieden mit den Kritiken.

Ramona: Was hat dich bewegt das neue Album zu schreiben?

Boa: Anfangs wollte ich gar keine neuen Stücke schreiben, aber ehe ich mich umsah hatte ich schon wieder zehn Songs auf Malta komponiert und Ende April 2008 befand ich diese für sehr, sehr schön und natürlich. Nach einer Plattenfirma habe ich nicht gesucht, da diese aus meinen Erfahrungen eh wieder alles umstellen und umkomponieren wollen. Und somit habe ich mit Freunden alles eingespielt und unter dem alten Label ROUGH TRADE Records alles ganz, ganz schnell veröffentlicht. Eigentlich fast schon zu schnell würde man sagen, aber ich wollte es so und bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Ramona: Bekommen wir auch irgendwann mal deine Memoiren?

Boa: Ich hätte Lust ein Buch zu schreiben, aber keine Lust einen Verlag zu suchen. Es sollte aber schon ein größerer Verlag sein und dieses Buch wäre eher ein Roman. Auf jeden Fall nicht das Alltägliche was man so von Künstlern liest.

Ramona: Wie stehst du zu dem Medium MP3?

Boa: Ich mag „I-Tunes“, aber den Klang einer CD oder LP kann man nicht ersetzten. Es herrscht viel mehr Wärme und Größe im Klang einer CD / LP. Die aktuelle CD „Diamonds Fall“ ist so aufgemacht wie ein Buch man hält es in den Händen. Es ist einfach was anderes und so was darf einfach nie aussterben, trotz des Internets.

Ramona: Was war euer bisheriges größtes Konzert?

Boa: Das war 1993 in Berlin und Köln vor knapp 3000 Leuten.

Ramona: Ich bedanke mich für deine Antworten, Phillip und wünsche dir weiter viel Erfolg!

Links:
http://www.phillipboa.de
http://www.myspace.com/phillipboaandthevoodooclub

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